DGPPN Kongressprogramm 2014 - page 52

BESONDERE VERANSTALTUNGEN 52
sa, 29. 11. 2014 | 12.00 – 13.00 uhr | saal a6
D
U
E
Die Zukunft der Depressionstherapie
Florian Holsboer, München
Vorsitz:
Peter Falkai, München
Frank Schneider, Aachen
Fachkunde und Intuition der Schweizer Psychiater Roland Kuhn und Jules Angst verdanken
wir die Entdeckung der Antidepressiva. Intensive Forschung über ein halbes Jahrhundert
hinweg hat zwar Verbesserungen bei den Nebenwirkungen, nicht aber bei der klinischen
Wirksamkeit erbracht. Der Entwicklungsstillstand hat viele Gründe, die wichtigsten sind:
1. Die „from-bench-to-bed“-Konzeption hat nicht zu neuen Therapien geführt und wurde zu
lange beibehalten.
2. Tiermodelle für Depression existieren nicht, gebräuchliche Tiermodelle haben keine Vor-
aussagekraft für die Wirksamkeit neuer Antidepressiva-Kandidaten.
3. Der Übergang von der tierexperimentellen Forschung zur Humanforschung erfolgt zu
spät.
4. Die Möglichkeiten der chemischen Biologie neue, innovative Medikamentenkandidaten
zu generieren wird in der akademischen Forschung nicht ausreichend genutzt.
5. Neue spezifisch wirkende Medikamente gegen Depression werden in kontrollierten
Studien so geprüft, als könnten sie ähnliche Wirkeffekte haben wie die gebräuchlichen
unspezifischen Antidepressiva. Die Stratifizierung auf der Grundlage von Gentests und
Biomarkern hat noch nicht Eingang in die Wirksamkeitsprüfung gefunden. Dies führte zu
negativen Studienergebnissen, mit der Folge der Einstellung industrieller Forschung und
Entwicklung neuer Antidepressiva.
6. Die Schnittstellen zwischen klinischer und Grundlagenforschung, der pharmazeutischen
Industrie, den Kostenträgern und der politischen Rahmengestaltung funktionieren nicht
gut, sie sind eher Innovationsbremsen.
Zukünftige Verbesserung in der Depressionsbehandlung erfordern die Abkehr vom „Ein-
heitsantidepressivum“ und die Etablierung der personalisierten Therapie, gestützt auf die
individuelle Biosignatur des Patienten: Diese besteht aus Labordaten und umfasst Befunde
aus der Genetik und zustandsabhängige Biomarker, wie Messungen der Genaktivität, der
quantitativen Proteomik und Metabolomik sowie komplexe Daten aus EEG-Messungen, der
Neuroendokrinologie und der Bildgebung.
Hierdurch können der klinischen Diagnose die krankheitsverursachenden Mechanismen zu-
geordnet werden und mit spezifisch wirkenden Medikamenten gezielt interveniert werden.
Dieses Zukunftskonzept wird am Beispiel der CRHR1-Antagonisten, der V1BR-Antagonisten
und dem ABCB1-Gehirnschrankentest demonstriert. Von diesen Projekten sind die ersten
Erfolge in der personalisierten Depressionstherapie zu erwarten.
PLENARVORTRÄGE
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